Neue Ehrenbürgerin ist „soziales Gewissen“ der Stadt
Mit der höchsten Auszeichnung, die die Große Kreisstadt Traunstein zu vergeben hat, ist jetzt Waltraud Wiesholler-Niederlöhner ausgezeichnet worden. In einem großen Festakt im Kulturforum Klosterkirche mit rund 200 Weggefährten und Ehrengästen aus Kommunalpolitik, Sozialverbänden und den Vereinen überreichte ihr Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer die Urkunde zur Verleihung des Ehrenbürgerrechts. Die langjährige Stadträtin, 3. Bürgermeisterin, Kreisrätin und Begründerin zahlreicher sozialer Einrichtungen ist die erste Frau, der diese Ehre zuteil wird. Sie ist bereits mit der Ehrenmedaille und dem Ehrenring ausgezeichnet worden.
In seiner Laudatio hob der Rathauschef hervor, die vielseitig engagierte Kommunalpolitikerin könne mit Fug und Recht als das „soziale Gewissen“ der Stadt bezeichnet werden. Mit Direktheit, Durchsetzungs- und Überzeugungskraft sowie Überlegtheit und rhetorischer Stärke habe sie sich als kluge Netzwerkerin mit Herz für wichtige Projekte in Stadt und Landkreis sowie viele soziale Anliegen der Bürger und Vereine stark gemacht. „Wenn man in Traunstein etwas durchsetzen will, sollte man zuerst mit Traudl sprechen“, sagte Hümmer. Diese Lektion habe er als junger Stadtrat schnell gelernt.
Ab 1980 gestaltete sie 40 Jahre lang – unter vier Rathauschefs - ehrenamtlich als Stadträtin für die SPD maßgeblich die Stadtpolitik mit, davon 24 Jahre als 3. Bürgermeisterin. Als Referentin für den Waldfriedhof, für Grünanlagen und Ortsverschönerung unterstützte sie die Bewerbungen der Stadt für die bundesweite Aktion „Unsere Stadt blüht auf“ und für die Landgartenschau 2022.
30 Jahre lang war Waltraud Wiesholler-Niederlöhner bis 2020 zudem im Kreistag aktiv, davon 18 Jahre als Fraktionsvorsitzende für die SPD. Entscheidenden Einfluss hatte sie dabei auf den Erhalt der kommunalen Krankenhausversorgung ebenso wie auf die Fortführung und Aufgabenerweiterung der kreiseigenen Wohnungsbaugesellschaft - anstelle eines Verkaufs. Mit Blick auf die heutige Situation sei diese Entscheidung damals „weitsichtig“ im Sinne „zukunftsfester Stadt-, Kreis- und Standortpolitik“ gewesen, sagte Hümmer.
Er hob ebenso das unermüdliche soziale Engagement der Geehrten hervor, die „treibende Kraft und Gründungsmitglied“ für das Traunsteiner Netz, das Netzwerk Asyl, die Traunsteiner Tafel und das Mütterzentrum gewesen sei. Trotz ihres „kommunalpolitischen Ruhestands“ seit 2020 arbeite sie als Begründerin des „Runden Sozialen Tisches“ weiter an der engeren Verknüpfung aller Sozialorganisationen in Traunstein.
Höchste Ehrungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene aufgrund ihres „herausragenden sozialen und kommunalpolitischem Engagements“ zeichneten die Bundesverdienstkreuzträgerin als „strahlendes Vorbild – nicht zuletzt für Frauen – und ein unverbrüchliches Stück Kern-DNA für Traunstein aus“, sagte Hümmer. Deshalb habe der Stadtrat im vergangenen Oktober einstimmig die Verleihung des Ehrenbürgerrechts an sie beschlossen. Damit stehe sie in einer Reihe von bisher 23 großen Persönlichkeiten, darunter der verstorbene Papst emeritus Benedikt XVI. und Altoberbürgermeister Fritz Stahl.
Die Verleihung des Ehrenbürgerrechts ist auf der Grundlage des Ehrenstatuts von 1973 nach der Ehrenmedaille und dem Ehrenring die höchste Auszeichnung, die die Große Kreisstadt Traunstein zu vergeben hat. Sie setzt voraus, „dass sich der zu Ehrende bleibende höchste Verdienste um das Ansehen und das Allgemeinwohl der Stadt erworben hat“. Nach der Verleihung der Urkunde trug sich Waltraud Wiesholler-Niederlöhner ins Goldene Buch der Stadt ein.
In sehr persönlichen Worten gestand die Geehrte, dass sie beim Anruf des Rathauschefs mit der frohen Botschaft „kurz sprachlos“ gewesen sei. Besonders stolz sei sie darauf, mit ihrer Ehrenbürgerschaft eine Bresche für die Frauen geschlagen zu haben. In ihrer Arbeit habe sie „viele Menschen und Schicksale“ kennengelernt. Die Bekanntschaft mit Personen des öffentlichen Lebens sei oft hilfreich gewesen, „um bei dringenden Hilfsanliegen zu unterstützen“. Sie erinnerte an den früheren Bundestagsabgeordneten und Chef im Fernmeldeamt, Hermann Schätz, der sie für die Kommunalpolitik begeistert habe. Wichtig sei es ihr immer gewesen, „anderen auf Augenhöhe“ zu begegnen.
In freudiger Erinnerung dankte sie vielen ehemaligen Weggefährten und kommunalpolitischen Kollegen unter den Gästen, darunter die Altoberbürgermeister Fritz Stahl, Manfred Kösterke und Christian Kegel sowie die Landräte a.D. Jakob Strobl und Hermann Steinmaßl.
Im Namen der Stadtratskollegen zeichnete Ulrike Hoernes in einer kurzen Dankesrede mit den Anfangsbuchstaben der Geehrten ein Kurzporträt. „TRAUDL“ sei Tatkräftig, Resilient, Aufmerksam, Uneitl, Direkt und Lebensklug. In vielen humorvollen Gesprächen der Gäste und der teilweise von weither Angereisten mit der neuen Ehrenbürgerin klang der Festabend bei Musikklängen städtischer Musikanten und festlichem Essen aus.