Stadtgründung

Gründungsstadt der Wittelsbacher

Güterverzeichnisse des Erzbistums Salzburg nennen bereits um das Jahr 790 Besitzungen „ad Trun“; die Traunsteiner Nachbarorte Kammer, Surberg und Vachendorf etwa erfahren dort ihre erste Erwähnung. Auch Burgställe, mittelalterliche Wehranlagen, lassen sich ab dem 10. Jahrhundert in der näheren Umgebung nachweisen, so zum Beispiel die Burg „Lenzisberg“ am Hochberg. Anfang des 12. bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts sind die Ministerialen „de Truna“ in zahlreichen Urkunden benachbarter Klöster dokumentiert. Die Heimatforschung verortet deren Stammsitz an der Stelle der späteren bayerischen Herzogsburg und betrachtet die „Trunaburg“ als Keimzelle der Stadt. Ein direkter Beweis aber fehlt. Offiziell tritt „Trauwenstain“ somit erst 1245 in die Geschichte ein: als „iudicium“ (Gericht) und „officium“ (Amt) des Klosters Baumburg, ein früher Hinweis auf zentralörtliche Funktionen.

Mit dem 1275 geschlossenen zweiten Erhartinger Vertrag fiel der Chiemgau endgültig an Bayern. In der Folge festigten die seit 1180 in Bayern regierenden Wittelsbacher ihre Herrschaft. Ein Hauptbestandteil ihrer Politik war die Anlage befestigter Städte an militärischen und/oder wirtschaftlichen Brennpunkten. War dort bereits eine Besiedelung vorhanden, wurde diese planmäßig ausgebaut. „Trovnstein“ bot sich dafür geradezu an. Der grenznahe Ort an der Salzhandelsroute von Reichenhall nach München lag auf einer Anhöhe und wurde von der Traun in einem nach Osten ausholenden Bogen umflossen. Die Brücke über den Fluss hatte eine enorme strategische Bedeutung.

1275 verlegte der Herzog eine bisher im benachbarten Lauter erhobene Maut nach „Travnstain“, das schon wenig später, um 1300, als „Stat“ mit Bürgern, Zoll, Salzhandelsprivilegien, drei Mühlen und zwei Toren als Teil der Stadtmauer bezeichnet wurde. Diese Befestigung, eine Ringmauer samt Graben, umschloss den weiten, saalartigen Markt. Ein Rat als städtisches Organ lässt sich ab 1314 nachweisen. 1361 wird schließlich auch besagte Herzogsburg genannt, die Veste am südöstlichen Rand des Plateaus. Entstanden war ein baulich geordneter, geschlossener und befestigter Rechts-, Gerichts- und Marktbezirk mit Ansätzen bürgerlicher Selbstverwaltung. Das Gemeinwesen erhob sich über das Umland, in der bestehenden kirchlichen Organisationsstruktur aber blieb ihm nur eine Nebenrolle. Die Pfarrkirche Mariä Verkündigung war im etwa drei Kilometer südlich gelegenen Haslach. Sankt Oswald, 1342 in der ältesten Urkunde des Stadtarchivs erstmals erwähnt, blieb bis 1851 deren Filiale.

Leider haben wir keinen Alternativtext zu diesem Bild, aber wir arbeiten daran.
Archäologische Grabung im Bereich der ehemaligen Veste. (Foto: Jochen Scherbaum, Bamberg, 2006)

   

Das Stadtrecht von 1375


Am Ende dieser Entwicklung stand die Verleihung der Stadtrechte im Jahre 1375 durch Herzog Friedrich, dem zuvor die „Burger unser Stat ze Trawnstain“ glaubhaft versichert hatten, dass „ir Brief verbrunnen“ waren. Aber: Hatte tatsächlich ein Brand vor 1375 ein komplettes Stadtrecht, das in diesem Fall kurz nach 1321 zu datieren wäre, zerstört? Allein die Tatsache, dass es keine Dublette dieses imaginären Dokuments gibt, lässt daran zweifeln. Oder handelte es sich bei den „verbrannten Briefen“ vielmehr um eine Reihe älterer Einzelprivilegien? Diese Annahme ist nicht von der Hand zu weisen.

Ab 1375 jedenfalls regelten 92 Artikel, zusammengestellt nach dem Vorbild der Stadt Neuötting, Verwaltung, Rechtsprechung, Handel und Gewerbe. Bei den strafrechtlichen Sanktionen galt zum Teil noch das germanische Prinzip Auge um Auge: Lähmung für Lähmung, „ainen Todslag wider den andern“, Selbstjustiz nach eigenem Ermessen, falls ein Mann einen anderen bei seiner Frau „unbillich“ antraf. Das einseitige Bild vom dunklen Mittelalter geht auch auf die isolierte Betrachtung derart drastischer Normen zurück. In aller Regel waren für Verfehlungen Geldstrafen vorgesehen. Der Stadtkammer erwuchsen daraus erhebliche Einnahmen. Ein Ratsherr, der eine Zusammenkunft versäumte, kam mit einer Buße von 24 Pfennig „zum Vertrinken“ noch glimpflich davon; eine herzhafte „Maulschelle“ kostete das Zwanzigfache. Verordnungen, Schreiben und Urkunden beglaubigte die Stadt nun mit ihrem eigenen Siegel. Und aus dem städtischen Siegel entwickelte sich ihr Hoheitszeichen, das Traunsteiner Wappen: in Schwarz zwei aus grünem Dreiberg wachsende, ausgebogene goldene Lilienstängel.

Für Traunsteins weiteres Fortkommen war das Stadtrecht von unschätzbarem Wert. Allerdings war es als persönliches Lehen des Landesherrn nur „verliehen“. Starb der Herrscher, hatte die Stadt seinem Nachfolger die „untertänigste Erbhuldigung“ zu leisten; im Gegenzug erneuerte dieser ihre Rechte. Letztmals geschah das 1780. Dabei wurde auch die Legende vom Stadtbrand 1371 in die Welt gesetzt, der leider, obwohl ansonsten nirgends belegt, immer noch zu den stadtgeschichtlichen Grundkenntnissen zählt.